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Geschichte

Die Geschichte von Nowosibirsk steht in engem historischen Zusammenhang mit der Erschließung Westsibiriens und dem Bau der Transsibirischen Eisenbahn.

Zar Alexander III. begann im späten 19. Jahrhundert mit dem Bau der Transsibirischen Eisenbahn (1890 bis 1916), um eine interne Verkehrsverbindung zum Anschluss der sibirischen Region mit ihrem Reichtum an Bodenschätzen an europäischen Teil Russlands zu gewährleisten. 1893 wurden die Schienen bis zum Fluss Ob gelegt.

Die Auswahl einer Übergangsstelle der Transsibirischen Eisenbahn über den Ob war keine leichte Aufgabe. Das ursprüngliche Projekt sah den Eisenbahnverlauf über die alte sibirische Stadt Tomsk (damals Hauptstadt Sibiriens) vor und brauchte eine Brücke dort, wo der Ob jedes Frühjahr weit aus den Ufern tritt. Ein neuer Streckenabschnitt sollte festgelegt werden. Diese Arbeit wurde vom Bauleiter Garin-Michailowski geleistet, einem begabten Bauingenieur und Schriftsteller, der die einzige vernünftige Lösung fand. Die von ihm bestimmte Übergangsstelle lag zwar wesentlich südlicher als im ursprünglichen Bauvorhaben, war aber bautechnisch viel besser und kostengünstiger. Das war die engste Stelle am Ob (ca. 700 m breit) mit einem festen felsigen Flussbett. So wurde die Stelle für die Brücke bestimmt und seitdem gilt Garin-Michailowski als Gründer der Stadt Nowosibirsk.

Am 20. Juli 1893 wurde der erste Stein in die Brücke feierlich gelegt, seitdem gilt dieses Datum als Gründungstag von Nowosibirsk. Da für den Brückenbau sehr viele Arbeiter notwendig waren, entstand schnell eine kleine Siedlung direkt in der Nähe der Brücke.

Die Siedlung hieß zunächst Nowaja Derewnja (Neues Dorf), Alexandrowski, und ab 1897 Nowo-Nikolaewski, bis sie 1903 mit den Stadtrechten den Namen Nowonikolajewsk (nach dem Namen des letzten Zaren Russlands) erhielt. Die Einwohnerzahl war bereits 26 000 Menschen.

1906 wurde die erste sibirische Bank in Nowonikolajewsk gegründet. 1915 waren es schon fünf Banken. Schnell wurde die Stadt das Finanz- und Handelszentrum der Region. 1907 bekam sie alle Rechte auf Selbstverwaltung zugesprochen. Die Einwohnerzahl betrug inzwischen 47.000. Kurz vor der Oktoberrevolution hatte die Stadt bereits 80.000 Einwohner und war die größte Industriestadt, die nicht allein im Agrarsektor industriell entwickelt war, mit mehr als 40 Schulen, vielen Kinos, einer Hochschule, einer Schiffswerft und 8 Kirchen.

Die rasche Entwicklung der Stadt wurde durch ihre äußerst günstige geographische Lage bedingt. Das ist eine Kreuzung (ein Drehkreuz) zwischen West und Ost (Transsib), Nord und Süd (Fluss Ob). Dies machte die Stadt zu einem wichtigen Handelszentrum und Umschlagplatz für Waren aller Art.

Außerdem lief über Nowonikolajewsk der massenhafte Übersiedlerstrom aus anderen Teilen Russlands nach Sibirien und dem Fernen Osten. Die Situation war damals mit Amerika vom 19.Jahrhundert und dessen »wilden Westen« zu vergleichen. Die Bauern wurden nach Abschaffung des Fronrechts frei und kamen in Massen ins gelobte Land Sibirien. Hinzu war Nowonikolajewsk Zentrum eines riesigen Agrargebiets, das Millionen Pfund Weizen auf den Weltmarkt lieferte. Die Stadt ist auf Mehl gewachsen, sagte man damals, bis zu 70% aller Einnahmen der Stadtkasse brachten die Großmühlen. Bereits in zwei ersten Jahrzehnten seines Bestehens wurde Nowonikolajewsk zu der wirtschaftlich führenden Stadt in ganz Sibirien. 1913 wurde Nowonikolajewsk zu einer der ersten russischen Städte, wo die allgemeine Elementarschulbildung eingeführt wurde. Der Lebensstandard war hier schon höher als in meisten russischen Städten, es gab bereits Telefon und Elektrizität, eine Rennbahn, einige Druckereien, Lichtspielhäuser, Theater.

1917 übernahmen Arbeiter und Soldaten die Stadt. Nowonikolajewsk wurde ein wichtiger strategischer Punkt im Bürgerkrieg, dessen Unruhen bis Anfang der 20-er Jahre dauerten. Nowonikolajewsk war in der für die UdSSR schwierigen Anfangszeit eine der wenigen Städte, in denen es an nichts fehlte. 1921 wurden unter Lenin Verwaltungseinrichtungen von Omsk nach Nowonikolajewsk verlagert, und die Stadt wurde zur Hauptstadt Sibiriens.

1925 wurde die Stadt auf Wunsch der Einwohner in Nowosibirsk (frei übersetzt »Neues Sibirien«) umbenannt, wie sie auch heute noch heißt. Unter Stalin veränderte sich die Stadt und wurde hauptsächlich zu einem Industriezentrum. Als Handelszentrum verlor sie damals an Bedeutung. Viele der neuen Industriezweige hatten ihren Schwerpunkt im Agrarsektor. Nowosibirsk entwickelt sich zu einem wichtigen Industriezentrum. Der Zweite Weltkrieg brachte die Industriealisierung der Stadt rasch in Schwung. Ca. 150 Industriebetriebe wurden vom Juni bis Oktober 1941 aus dem europäischen Teil der Sowjetunion nach Nowosibirsk verlagert und sofort in Betrieb gesetzt. Seitdem ist die Stadt das größte Industriezentrum Sibiriens.

1943 wird die sibirische Abteilung der Akademie der Wissenschaft in Nowosibirsk eröffnet. Ab diesem Zeitpunkt ist Nowosibirsk auch die wichtigste Bildungsstätte Sibiriens.

Mitte der 50er Jahre wurde der Ob-Stausee (1070 km² Fläche, 8 8 Mrd. m³ Stauinhalt) zum Zweck der Stromgewinnung (ca. 400 kwh) gebaut. An den Ufern des Ob-Stausees wurde 1957 Akademgorodok — die Stadt der Wissenschaft errichtet (ca. 30 km südlich von Nowosibirsk) und wurde zum Sitz der sibirischen Abteilung der Russischen Akademie der Wissenschaften. Heute ist Nowosibirsk mit 3 Akademien der Wissenschaften und ca. 40 Forschungseinrichtungen das größte Wissenschaftszentrum im asiatischen Teil Russlands.

Am 13. Mai 2000 wurde die Stadt Nowosibirsk laut Erlass des Präsidenten der Russischen Föderation zur Hauptstadt Sibiriens und zum Verwaltungszentrum des Sibirischen Föderationskreises ernannt, der 16 Regionen (Bundesländern) der Russischen Föderation vereint.

Heute ist Nowosibirsk das größte Industrie-, Handels-, Finanz-, Wissenschafts-, Bildungs- und Kulturzentrum Sibiriens sowie auch eines der größten Logistik- und Verkehrsknotenpunkte Russlands.

HAUPTDATEN DER STADTGESCHICHTE

(bis 1918 — nach Julianischem Kalender)

1893 — Neues Dorf

Im Sommer 1893 — entsteht eine Siedlung beim Ob-Bahnhof

Mai — Juni 1894 — entsteht eine Siedlung bei der Brücke im Bau

Im Sommer 1894 — entsteht eine vereinte Siedlung (in einer Zeitung vom 18.11.1894 als Obskoj Siedlung genannt)

November 1894 — die Siedlung wurde Alexandrowskij genannt

17.02.1898 — die Siedlung wurde in Nowonikolajewskij umbenannt (erste Erwähnung von diesem Namen am 3.12.1895)

28.12.1903 — die Siedlung wird zur kreisfreien Stadt Nowonikolajewsk

11.12.1908 — Stadtrechte in vollem Umfang zugesprochen

17.04.1917 — 15.08.1925 — Kreisstadt Nowonikolajewsk

23.12.1919 — 14.03.1920 — Hauptstadt des Tomsker Gouvernements

13.06.1921 — 25.05.1925 — Hauptstadt des Nowonikolajewsker Gouvernements

23.06.1921 — 9.12.1925 г. — Hauptstadt von SibRevKom

25.05.1925 — 30.06.1930 — Hauptstadt Sibiriens

08.12.1925 — Umbenennung in Nowosibirsk (12.02.1926 wurde dieser Name von der Regierung der UdSSR genehmigt)

25.05.1925 — 12.02.1926 — Hauptstadt des Nowonikolajewsker Kreises

12.02.1926 — 23.07.1930 — Hauptstadt des Nowosibirsker Kreises

30.07.1930 — 28.08.1937 — Hauptstadt des Westsibirischen Kreises

28.09.1937 — Hauptstadt der Region Nowosibirsk

22.11.1937 — 3.11.1943 — die Stadt wurde zum »Regimegelände«

03.11.1943 — 10.05.1945. — die Stadt wird »Sonderregimegelände«

21.08.1943 — 3.06.1958 — die Stadt ist verwaltungsmäßig Moskau unterstellt

03.06.1958 — die Stadt ist verwaltungsmäßig der Region Nowosibirsk unterstellt

13.05.2000 — Hauptstadt des Sibirischen Föderationskreises